Reichspogromnacht
Am 9. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen. Nach fünf Jahren Naziherrschaft, nach der Verschleppung
politischer Gegner in die Konzentrationslager, nach der Ermordung tausender Oppositioneller, nach zahlreichen
antijüdischen Gesetzen, war die Reichspogromnacht vorläufiger Höhepunkt des offenen Terrors gegen die jüdische Bevölkerung.
Schüler wurden vom Unterricht befreit, um bei den Zerstörungen der Synagogen mitzuhelfen.
Reichspogromnacht 1938 - Hauptsynagoge Mainz
© Stadtarchiv Mainz - Bild- und Plansammlung
Geschäfte wurden geplündert, Wohnungen demoliert, jüdische Menschen gedemütigt, geschlagen, ermordet. Die Pogrome
signalisierten die Bereitschaft der Bevölkerung, die menschenverachtende Propaganda der Nazis in mörderische Tat umzusetzen.
Sie waren ein Schritt auf dem Weg der Mobilisierung der Bevölkerung zum Angriffskrieg. Die Pogrome waren ein Schritt auf dem Weg
zu den Vernichtungslagern, in denen die systematische Ermordung der europäischen Juden organisiert wurde.
Hauptsynagoge
Hindenburgstraße
Auch in Mainz wütete und brandschatzte in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 der deutsche Mob. Die Synagoge der liberalen
Mainzer jüdischen Gemeinde wurde in Brand gesetzt. Besonders hervor taten sich hierbei der SS-Sturmbannführer Karl Ober,
der SS-Unterscharführer Sparwasser sowie der SS-Scharführer Helmut Ritzel. Die Feuerwehr wurde an Löscharbeiten gehindert,
so dass die Synagoge vollständig ausbrannte. Das Bauamt ordnete schließlich am 17. November 1938 die Sprengung des Gebäudes an.
Die Kosten hierfür sowie die späteren Aufräumarbeiten wurden der jüdischen Gemeinde auferlegt.
Die jüdische Bezirksschule (Hindenburgstraße / Ecke Gabelsbergerstraße), die sich unmittelbar neben der Synagoge befand, wurde
ebenfalls niedergebrannt. Der Direktor der Schule, Dr. Eugen Mannheimer, nahm sich im Zuge dieser Ereignisse zusammen mit
seiner Frau am 11. November 1938 das Leben.
Orthodoxe Synagoge
Flachsmarktstraße
Auch die Synagoge der orthodoxen jüdischen Gemeinde wurde bei den Pogromen nicht verschont. Zwar wurde das Gebäude mit
Rücksicht auf die umliegenden Häuser nicht vollständig abgebrannt, aber soweit geplündert und verwüstet, dass
eine Benutzung nicht mehr möglich war. Auch die Schule der Israelitischen Religionsgesellschaft, nach dem Rabbiner und
Schulleiter Dr. Jonas Bondi benannt, wurde zerstört. Die »Bondi-Schule« war Mitte der 30er Jahre eine der letzten
Möglichkeiten für jüdische Kinder Unterricht zu besuchen.