Ehrenmal Mombacher Waldfriedhof

Ehrenmal für die Opfer des Faschismus

Mombacher Waldfriedhof, Mainz

Ein politischer Skandal in Mainz - Der Kampf um den roten Winkel


Chronik des Ehrenmal:


2021 - Der Winkel ist zurück

Nach vielen Jahrzehnten hat das Mahnmal auf dem Mombacher Waldfriedhof seinen Winkel zurückerhalten!

Auf Antrag der Fraktionen der Partei Die Linke, Bündnis 90 / Die Grünen und der SPD , hatte der Mainzer Stadtrat im November 2019 beschlossen, das Mahnmal für die Opfer des Faschismus auf dem Mombacher Waldfriedhof neu zu gestalten und damit den ursprünglichen Zustand möglichst wiederherzustellen.

Zum Hintergrund:

Der Gedenkstein wurde auf Initiative der VVN Mainz errichtet und trug bei seiner feierlichen Einweihung und der Übergabe in die Obhut der Stadt im März 1948 neben der Inschrift „Im Gedenken an die unsterblichen Opfer des Faschismus“ einen in den roten Quarzstein eingemeißelten Winkel. Dieser Winkel, Symbol für die farblich unterschiedliche „Markierung“ der Häftlinge in den Konzentrationslagern, wurde 1962 durch die Stadt Mainz auf Geheiß der Landesregierung durch ein christliches Kreuz ersetzt.

Die Geschichte des Mahnmals sowie die Jahrzehnte währenden Bemühungen der VVN-BdA, die Verunstaltung des Steins wieder rückgängig zu machen, ist hier dokumentiert.

In Folge des Stadtratsbeschlusses wurde der Bildhauer Clemens Strugalla beauftragt, nun erneut einen Roten Winkel in den Stein einzuarbeiten. Diese Arbeit ist nun getan.

Am 21. März 2021 konnte zum 73. Jahrestag der Grundsteinlegung (21.03.1948) das Mahnmal in einem restaurierten Zustand der Öffentlichkeit übergeben werden.

Auf einer Stele am Weg vor dem Gedenkstein wird die Geschichte und die Bedeutung des Steins erläutert.

Die Mainzer VVN-BdA dankt dem Mainzer Stadtrat sowie den Organisationen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten unsere Forderung unterstützt haben!

Das ursprünglich für den Jahrestag der Grundsteinlegung am 21. März geplante gemeinsame würdige Gedenken von Oberbürgermeister Michael Ebling, Umweltdezernentin Katrin Eder und der Mainzer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.) am sanierten Denkmal wird pandemiebedingt auf den Sommer verlegt.

siehe auch:
Artikel in der Lokalzeitung

 


2019 - Stadtrat beschließt Restauration des Ehrenmals

In der Stadtratssitzung am 14.10.2019 beschließt der Mainzer Stadtrat eine

"Umgestaltung des Ehrenmals [..] um die mit mit der Errichtung des Steins verbundene politische Aussage besser zur Geltung zu bringen. Dabei soll insbesondere der Rote Winkel als verbindendes Zeichen der politischen Gefangenen in angemessener Gestaltung angebracht werden."

Änderungsantrag Stadtrat Mainz v. 14.10.2019 | PDF-Format | 372 kB


2018 - 70 Jahre Ehrenmal
für die Opfer des Faschismus

Etwa 70 Menschen folgten am Samstag, den 7. April, der Einladung der VVN-BdA Mainz auf den Mombacher Waldfriedhof, um an die Grundsteinlegung des Ehrenmals für die Opfer des Faschismus 1948 zu erinnern.

Neben der VVN-BdA berichtete Dr. Joachim Hennig, stellvertretender Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft für Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz, über die Einweihung des Mahnmals (vollständige Rede). Der Oberbürgermeister Michael Ebling sowie Dr. Peter Waldmann vom Landesverband der jüdischen Gemeinden RLP sprachen Grußworte. Das Trio »Klezmers Techter« begleitete die Veranstaltung stimmungsvoll mit jiddischen Liedern.

Einladung 07. April 2018 | PDF-Format | 416 kB

Bericht zur Veranstaltung (antifa Mai/Juni 2018) | PDF-Format | 103 kB


Bericht zur Veranstaltung auf den Seiten der LAG RLP


2008 - 60 Jahre Ehrenmal der VVN
für die Opfer des Faschismus

Am Samstag versammelten sich 50 Menschen auf dem Mombacher Waldfriedhof, um die Grundsteinlegung des Mahnmals für die Opfer des Faschismus vor 60 Jahren zu begehen.

Am 21. März 1948 wurde der Grundstein von Domkapitular Schwalbach und dem Rest des Vorstandes der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) in Erinnerung an die elf Millionen Toten aller Nationen gelegt. »Aus der Bruderschaft der Nationen, die im Zuchthaus und Konzentrationslager wuchs, soll eine neue Aera der Völkerverständigung und des Völkerfriedens entstehen« heißt es in dem Dokument, das damals im Grundstein eingemauert und während der Feierlichkeit am Samstag verlesen wurde.

Es begleiteten die Feierlichkeit die beiden Musiker Unge Schmitt (Gitarre) und Romeo Franz (Geige), die die Redebeiträge stimmungsvoll miteinander verbanden.

60 Jahre Ehrenmal für die Opfer des Faschismus

Die Begrüßung erfolgte durch die Landesvorsitzende der VVN-BdA Sibylle Meisenzahl-Michel. Sie unterstrich die Bedeutung dieses - in Mainz einzigen - Ehrenmals für die Opfer des Faschismus und die Bedeutung der Erinnerung in einer Welt, in der sich Rassismus und Rechtspopulismus wieder im Aufwind befinden.

Nach einem Grußwort des Stadtrats, das Rainer Christ (SPD) vortrug, berichtete Heinz Leiwig von der wechselvollen Geschichte des Steins, der 1948 in die Obhut der Stadt Mainz übergeben wurde. Heinz Leiwig, dessen Vater das Lager auf der Ingelheimer Aue durchleiden musste, ist Historiker. Er hat intensiv zum Faschismus in Mainz geforscht und seine Ergebnisse unter anderem in dem Buch »Leidensstätten in Mainz« publik gemacht. Er sprach von den ersten Schmierereien am Stein in den fünfziger Jahren und von der Entfernung des eingemeißelten Winkels, der an die Leiden der Häftlinge in den KZs erinnern sollte. 1962 wurde ein Kreuz an seine Stelle gemeißelt, was wohl die größte Schändung dieses Mahnmals darstellt.

Auch der ehemalige Kulturdezernent der Stadt Mainz, Dr. Anton Maria Keim hob in seiner Ansprache die Bedeutung von Erinnerung hervor und betonte welche Gefahren im Vergessen liegen: »Es kann passieren, dass man zweimal in den gleichen Fluss steigt, der einen schon einmal fortgerissen hat - und zur Zeit deutet leider vieles darauf hin« beendete er seine Rede. Dem schloss sich Frau Meisenzahl-Michel an, als sie mit den Worten des italienischen Auschwitz-Überlebenden Primo Levi die Veranstaltung beschloss: »Es ist geschehen. Und es kann wieder geschehen.«


Einladung 05. April 2008 | PDF-Format | 140kB


2007 - Nachbesserung an Gedenkstätte

Eine Ausbuchtung zum Ehrenmal wird auf Initiative der VVN-BdA Mainz-Bingen nachträglich angelegt.


2006 - Unwissenheit, Ignoranz oder Ausgrenzung?

Auf dem Mombacher Waldfriedhof wird die Kriegsgräberanlage Deutscher Ehrenhof restauriert und neu gestaltet, auf der sich die Gräber von mehr als 650 Tote beider Weltkriege befinden, darunter Gräber deutscher und ausländischer Soldaten, ausländischer Arbeiter und ziviler Toter des Bombenkrieges.

»Im Einzelnen«, so erläuterte Gründezernent Wolfgang Reichel, laut Pressemitteilung vom 07.06.2006, »wurde das Niveau der Kriegsgräberanlage dem Niveau des Umfeldes angepasst und der Weg hin zum Ehrenmal ansprechend neu angelegt.« Zum Umfeld gehört ein Denkmal, das an die deutschen Gefallenen im Krieg gegen Frankreich 1871 erinnert, zu dem dieser Weg durch Ausbuchtung im Bordstein hinleitet. Zum Umfeld gehört allerdings nicht das Mahnmal für die Opfer des Faschismus, an dem dieser Weg ohne Ausbuchtung oder Hinweis vorbeileitet.


2001 - Die VVN-BdA wird Mitglied in der LAG

Auf der 11. von der Landeszentrale für politische Bildung in Mainz organisierten Informationstagung »Gedenkstättenarbeit in Rheinland Pfalz« wurde am 1. April die »Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland Pfalz« (LAG) gegründet. Die VVN-BdA wird durch ihr beharrliches Arbeiten auf diesem Gebiet Mitglied.


1998 - 50 Jahre Ehrenmahl der VVN-BdA

Mit einer Feierstunde wird dem 50. Jahrestag der Errichtung des Mahnmals gedacht. Neben Musik und Rezitationen sprachen unter anderem die Kreisvorsitzende der VVN-BdA, Malu Dreyer für den Oberbürgermeister der Stadt Mainz, sowie der Zeitzeuge und Antifaschist Hans Hauck.

Einladung Feierstunde | JPEG-Format | 353kB

1997 - Erneute Ausgrenzung des Ehrenmals

Des ältesten Ehrenmals für die Opfer des Naziregimes in der Landeshauptstadt darf in der Jubiläumsausstellung des Landes zum Gedenken für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar nicht gedacht werden.

Die VVN-BdA mit Bezug auf den Bundesverfassungsschutzbericht von 1995 als linksextremistische Vereinigung bezeichnet und von der Feierlichkeit ausgeschlossen.

Nach vielfältigen Protesten beschließt die Landeszentrale, die VVN-BdA zukünftig nicht mehr von ihren Veranstaltungen auszugrenzen, sondern einzuladen.


1994 - Dritte Anbringung des Roten Winkels


Der Rote Winkel

1985 - Spendenkonto der VVN-BdA

Die VVN-BdA richtet ein Spendenkonto ein, dessen Gelder sie der Stadt für die Anbringung einer Tafel aus Stein mit der Übersetzung der kyrillischen Schrift zur Verfügung stellen will. In einem Schreiben vom 17.11.1985 informiert sie Oberbürgermeister Jockel Fuchs.

Drei Monate später ist das Vorhaben umgesetzt.


1983 - Ein zweiter Roter Winkel wird angebracht

dazu eine erklärende Tafel. Des weiteren ergeht eine Aufforderung an die Stadt Mainz, den Winkel wieder einmeißeln zu lassen.

Die Tafel wird im Auftrag der Stadt entfernt, der Winkel verschwindet


1983 - Aufstellung einer Tafel am Sowjetischen Ehrenmal

mit der Übersetzung der kyrillischen Inschrift und Aufforderung an die Stadt, diese hölzerne durch eine Tafel aus Stein zu ersetzen.

Inschrift des Sowjetischen Ehrenmals:

Ewiger Ruhm den Kämpfern für die Freiheit!
Hier sind begraben 3330 sowjeische Bürger
gestorben in faschistischer Gefangenschaft.
14.3.1950


Sowjetisches Ehrenmal

1971 - Schändung des Mahnmals

Im Zuge des Kalten Krieges wird das Ehrenmal mit einer den Faschismus relativierenden Parole beschmiert, in der die millionenfachen Leiden der Opfer des Nationalsozialismus mit den Toten an der innerdeutschen Mauer gleichgesetzt werden.

Schändung des Mahnmals 1971

1971 - Protest der VVN

Ein roter Winkel wird provisorisch angebracht: Er wird abgeschlagen


1962 - Der politische Skandal

Der Winkel auf dem Stein wird entfernt
und durch ein Kreuz ersetzt


Auf Betreiben der Landesregierung wurde auf dem Stein, der als Mahnung zur Einigkeit und Warnung vor Zersplitterung gedacht war, der eingemeißelte Winkel, das Zeichen aller Häftlinge – waren es Kommunisten, Sozialdemokraten, Liberale oder andere – durch ein Kreuz ersetzt, eingemeißelt dort, wo vorher der Winkel war. Dies zum Entsetzen aller Christen, die das Kreuz aufs Neue als Herrschaftsinstrument missbraucht sahen – wie so oft in der Geschichte.

Das Kreuz an der Stelle des Roten Winkels

1962 - Das Verbot der VVN auf Bundesebene scheitert

Unter anderem die zahlreichen, internationalen Proteste verhindern das Verbot der Organisation in der BRD.


1955 - Verbot der VVN in Rheinland Pfalz

Mit Beginn des Kalten Krieges werden auch vom Faschismus ehemals Verfolgte wieder ausgegrenzt und kriminalisiert. Die VVN wird als »kommunistisch unterwandert« verunglimpft und verboten.


1948 - Grundsteinlegung für das Ehrenmal der VVN

Der ehemalige KZ-Häftling, Domkapitular Schwalbach hält eine Ansprache und Oberbürgermeister Dr. Kraus nimmt das Mahnmal mit Dank an die VVN in die Obhut der Stadt. Seit diesem Datum veranstaltet die VVN alljährlich eine Gedenkfeier an diesem Ehrenmal, bei der sich Redner und Teilnehmer unterschiedlicher Organisationen versammeln.


Dokument Grundsteinlegung 1948 | JPEG-Format | 191kB