Das World White Web der NPD

Das World White Web der NPD

»In Zeiten absoluter Medienkontrolle ist das Internet das letzte Medium, das eine tatsächliche Informationsfreiheit gewährleistet. (...) Vor dem Hintergrund der übermächtig erscheinenden gleichgeschalteten Presse bilden die Neuen Medien den Schwerpunkt der nationalen Gegenöffentlichkeit.« (DS 9/2000).


Das Ausmaß

Die Rolle der neuen Medien wurde in der NPD schon frühzeitig erkannt und entsprechend umgesetzt: Ab 1992 verbreitete die neofaschistische Partei ihre antidemokratische Hetze über den BTX-Dienst der Telekom, und seit 1996 nutzen sie mit eigenen Websites das World Wide Web als Propagandawaffe. Die Zahl ihrer Seiten im Internet ist bis heute gestiegen und dürfte derzeit über 150 liegen, die meisten davon mit eigener Domain. Allein über ihre zentrale Site, die NPD-Bundesseite, werden mehr als 100 Landes- und Kreisververbände mit ihrem virtuellen Auftritt verlinkt. Zu diesen kommen knapp 20 Landesverbände und »JN-Stützpunkte«, ein bundesweites Parteiforum sowie mehrere regionale Webforen oder die NPD-Frauengruppe Hannover, die seit 2003 online ist. Dazu kommen immer wieder neue Aktionsseiten wie die fränkische Schulhof-Offensive, die JN-Aufkleberoffensive oder Wahlsonderseiten und regionale NPD-Sites, auf die in den Gästebüchern und Webforen der Parteisites hingewiesen wird, die nur teilweise auch verlinkt sind. Spätestens seit der rechten »Volksfront« und der erneuten Zusammenarbeit mit der DVU ist bei der NPD eine virtuelle Professionalisierung zu beobachten. Mehr und mehr zeigen ihre Websites in Layout und Technik im Sinne eine Corporate Identity ein ähnliches Layout und einen ähnlichen Grundaufbau. Als zentrales, auf allen NPD-Sites und bei vielen anderen Neonazis im Internet verlinktes Propagandainstrument dient der so genannte »Medienserver« der NPD. Über diesen werden Pamphlete, Videos und die genannten »Schulhof-CDs« der NPD zum Download zur Verfügung gestellt – kostenlos, rund um die Uhr und unkontrolliert erhältlich.


z.B. Schulhof-CDs

Die NPD setzt im Wahlkampf seit 2004 kostenlos an Jugendliche verteilte CDs mit Neonazi-Musik zur »Wählerwerbung« ein. Neben Verteilaktionen auf Pausenhöfen und Bushaltestellen stellt sie aber auch sämtliche dieser bisher drei verschiedenen CDs auf ihrem Medienserver zum Download zur Verfügung. So sind sie auch per Mausklick jederzeit und überall erhältlich – zusammen mit den Texten sowie CD-Label, Inlet und Coverbild, so dass mit CD-Brenner und Drucker die NPD-CDs auch zu hause erstellt werden können. Darüber hinaus propagiert, kreiert und verbreitet die NPD immer wieder auch regionale Schulhof-CDs. So setzte sie beim letzten Wahlkampf in der Region Stuttgart eine CD ein, auf der Musik und Propaganda-Texte hinterlegt waren. Als Schutz vor dem Einsammeln durch Lehrer kündigte die NPD im Internet explizit an: »diese [werden] wie ganz normale, leere CD-Roms aussehen. Die Schüler bekommen lediglich eine Papierhülle mit einem NPD-Aufkleber als Umschlag«.

Mit dem Banner »Wir rocken das System« verweisen die Jungen Nationaldemokraten Schaumburg an zentraler Stelle auf die neonazistische Nationale Offensive Schaumburg, über deren Server ebenfalls eine CD-taugliche Sammlung von Neonazi-Liedern im MP3-Format zum Download stehen. Die Verzahnung zwischen neofaschistischer NPD und den Stiefelfaschisten der selbsternannten »Freien Kameradschaften« ist nicht erst seit der propagierten »Volksfront von rechts« bekannt. Immer wieder zeigt sich diese enge Vernetzung und Personalunion aber im Internet: So verfügt die Nationale Offensive Schaumburg über einen Server und eine eigene Domain. Über Unterverzeichnisse dieser Domain sind wiederum die regionale NPD sowie die dortigen Jungen Nationaldemokraten im WWW erreichbar.

Egal, ob Medienserver, »weiße Ware« oder Download-Links über Kameradschafts-Sites – das Verteilen scheinbar leere oder selbst gebrannter CD steigert die mögliche Verbreitung ins gänzlich Unkontrollierbare.


Die Vernetzung

Eine der Möglichkeiten des WWW ist es, über die Links einer Website eine undurchschaubare Masse weiterer Sites zu erschließen. Was für andere Sites gilt, gilt auch für die NPD – schon über ihre Bundes-Site sind nicht nur über einhundert Webauftritte der Partei abrufbar, sondern sie verlinkt auf zahlreiche weitere braune Websites. Dazu zählen neonazistische Aktionsbüros, »befreundete Organisationen im Ausland« (ein Euphemismus für ausländische Neonazi-Parteien und -organisationen) sowie »weitere Verweise« zu Anti-Antifa-Sites, sozialdemoagogischer Web-Hetze oder den organisierten Neonazi-Frauen der »Gemeinschaft Deutscher Frauen«. Dieser Einstieg ins »World White Web« ermöglicht über die weiteren Links auf diesen Sites den Zugang zu allem, was das braune Internet (auch jenseits des WWW) zu bieten hat. Ein weiterer Zugang zum braunen Netz ist der Medienserver, der nicht nur CDs zum Download bietet, sondern auch auf Neonazi-Musiker und Online-Händler des Hasses verweist.

Die Verzahnung von Neofaschisten der NPD und den neonazistischen Kameradschaften wird im Internet immer wieder offenbar. So ist der braune »Volksfront«-Aufruf »Eine Bewegung werden«, in dem führende Neonazis den Eintritt in die NPD bekannt geben, seither mit eigener Domain online. Gemeinsame Webprojekte wie in Schaumburg sind ebenso immer wieder zu finden – aber am augenfälligsten zeigt sich diese Vernetzung immer wieder bei den Demoaufrufen und Hass-Kampagnen, die NPD und »Freie Kräfte« (der Euphemismus für Stiefelnazis) immer wieder initiieren, wie zum Beispiel der vom vorbestraften Anti-Antifa-Aktivisten und Neonazi-Kader Christian Malcoci in Nürnberg angemeldete Aufmarsch »Recht statt Rache – Revision der Nürnberger Prozesse«. Für diesen existiert eine Mobilisierungs-Website mit eigener Domain, die eine »Zentrale Demonstration freier Kräfte, unterstützt von der NPD« ankündigt. Auch diese Forderung nach der Rücknahme der Verurteilung der NS-Kriegsverbrecher zeigt – genauso wie die Forderung des NPD-Fahrlehrers Leichsenring nach den Vernichtungszügen – den faschistischen Charakter der Partei.


Ideologie

Von den Inhalten her gleicht das »World White Web« der NPD ihren sonstigen Publikationen. Das Internet wird entsprechend dem anfangs genannten Zitat aus der Parteizeitung »Deutsche Stimme« als wichtigstes Organ der »Gegenöffentlichkeit« angesehen. Entsprechend finden sich dort auch sämtliche Eckpfeiler einer rechten Ideologie. Rassistische und demokratiefeindliche Aussagen, sind mit nur ein paar Mausklicks auf der Bundes Seite der NPD zu finden. Antisemitische Kampagnen, wie die gegen den Bau einer Synagoge in Bochum, oder die Verlinkung zu Auschwitzleugnern sind mühelos über die NPD zu erreichen.

Im Anschluss zwei Beispiele von der Bundes NPD Seite:

Beim Aufruf des »Politischen Lexikon« ist unter dem Eintrag »Demokratie« u.a. folgendes zu lesen:

»Erst die Beimengung eines aristokratischen Elementes macht die Demokratie lebensfähig. Fehlt dieses Element, so läuft sie stets Gefahr, an der Unkultur der Massen zugrunde zu gehen.«

Demokratie wird hier in ihr Gegenteil verkehrt, in dem der Masse generell die Fähigkeit abgesprochen wird überhaupt Entscheidungen treffen zu können. Dies könne nur eine erfahrene Elite erledigen:

»Ohne leistungs- und gemeinschaftsorientierte Eliten ist das demokratische Vorbild kaum lebensfähig.«

Zu dem findet sich vor den aktuellen Meldungen auf der Hauptseite immer ein Grundsatz Artikel, meist aus den Federn der so genannten »Dresdner Schule«, einer NPD Denkfabrik, die sich um die Landtagsfraktion in Sachsen angesiedelt hat. Dort lässt sich u.a. folgendes lesen:

»Deutschland ist mit knapp zehn Millionen hier lebenden Ausländern nicht mehr konsensfähig. Die Utopie von der ›multikulturellen Gesellschaft‹ erzeugt eine multikriminelle Realität!«

Dies ist ein typisches Beispiel für den auf den NPD Seiten zu findenden Rassismus, der Ausländer als Sündenböcke für alle möglichen sozialen Missstände (in diesem Fall Kriminalität) verantwortlich macht.

Neben diesen ließen sich noch etliche weitere Beispiele von den Internet Seiten der NPD heranziehen. Diese willkürlich ausgesuchten dienen lediglich der Illustration. Befasst man sich näher mit den Seiten der NPD wird deutlich, dass die typisch rechten Ideologieelemente überall in ähnlicher Form auftreten.

Die NPD nutzt das Internet als großes Propagandainstrument. Dem Zielpublikum kann hier auf einfache Weise multimediales Werbematerial zu Verfügung gestellt werden, wie das Beispiel der »Schulhof-CD« zeigt. Die zunehmende Professionalisierung im Layout der Seiten und dem Angebot, weiteres Material, etwa über den Medienserver, zu beziehen, lässt befürchten dass die Partei in Zukunft dieses Medium weiter und im größeren Ausmaß benutzen wird.


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