Nein zum Palituch

Das Palituch ist wieder da. Da die Wenigsten allerdings wissen was sie da eigentlich tragen haben wir ein Flugblatt der Gruppe JungdemokratInnen/Junge Linke zur Information hier veröffentlicht:



Coole Kids tragen kein Palituch!


Okay, Du bist etwas verwundert. Du trägst ein Pali-Tuch. Du bist jung, Du nennst Dich radikal, oder auch nicht. Du nennst Dich antifaschistisch, oder auch nicht. Jedenfalls trägst Du ein Pali-Tuch.

Vielleicht hast Du Dir das gerade gekauft, vielleicht ist es schon eine Weile her. Um auf den Punkt zu kommen. Jedes Kleidungsstück ist eine Aussage. Jedes Kleidungsstück hat eine Geschichte. Und dieses ganz besonders. Seit die Studenten im Jahr 1968 für den Vietcong und gegen die Amerikaner in Vietnam waren, kam dieses Kleidungsstück langsam in Mode.

Damals waren sogenannte Volksbefreiungsbewegungen, wie 1968 bis 1975 in Vietnam, der Fluchtpunkt der Solidarität. Das vietnamesische Volk kämpft um seine Freiheit - In den 90er Jahren war es dann das kurdische Volk, das um seine Freiheit kämpfte, oder eben das palästinensische Volk. Immer ging es dabei um das Volk. Komisch irgendwie.

In Deutschland sprechen heute nur noch die Nazis von Volksbefreiung und berufen sich auf den gerechten Kampf des palästinensischen Volkes, gegen Israel, gegen den Staat der Juden. Und da sind wir angelangt. Bei der Auseinandersetzung zwischen Palästinensern und Israel. Bereits zwischen 1936 und 1939 wurde das Kleidungsstück, das ursprünglich nur die ländlichen Fedayin Arabiens trugen, vom Großmufti von Jerusalem unter Strafandrohung bei der eigenen Bevölkerung durchgesetzt. Das Tragen europäischer Hüte wurde verboten. Diejenigen, die sich dagegen wehrten, wurden verprügelt oder erschossen. Die deutschen Nationalsozialisten haben diesen Großmufti finanziell unterstützt. So starteten die Nazis in Berlin eine Pressekampagne gegen die Teilung Palästinas. Prompt bedankte sich der Mufti bei den deutschen Nazis: Schon damit habe die deutsche Regierung dem Kampf der Araber in Palästina um ihre Selbständigkeit einen großen Dienst erwiesen. Das Pali -Tuch ist der Ausdruck des Kampfes gegen Israel.

Die Staatsgründung Israels hat seine Ursache aber nicht etwa, weil die USA unbedingt einen Brückenkopf im Nahen Osten brauchten, sondern im europäischen und asiatischen Antisemitismus. Israel ist das direkte Ergebnis der Massenvernichtung des europäischen Judentums durch die nationalsozialistischen Deutschen. Gewöhnliche deutsche Angestellte bedienten die Krematorien, gewöhnliche deutsche Soldaten erschossen unterschiedslos Männer, Frauen und Kinder. Gewöhnliche deutsche Hausfrauen ersteigerten arisierte Möbel, bezogen die Wohnungen der ermordeten Juden. Da mutet es zumindest seltsam an, wenn die Kinder der einst besiegten Deutschen sich in den 70er und 80er Jahren Palästina als Solidaritätsobjekt aussuchen.

Warum gerade Palästina?

Weil es indirekt gegen die Juden und ihren sie schützenden Staat ging? Es ist nicht lange her, da standen in der Hamburger Hafenstraße Losungen wie Boykottiert Israel. Mit der Solidarität mit Palästina kam das Pali -Tuch nach Deutschland und hat sich bis heute gut gehalten. Was aber ist grundsätzlich von einer Volksbefreiungsbewegung wie der palästinensischen zu halten, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, den Staat Israel zu vernichten? (Nach einer, monatlich erhobenen, repräsentativen Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung befürworten 88% der palästinensischen Bevölkerung Selbstmordanschläge gegen israelische Zivilisten.)

Israel als bürgerliche Gesellschaft hingegen ist auch ein schützender Hafen für all diejenigen, die in arabischen Staaten keine Chance hätten: Schwule, Lesben, selbstbewusste Frauen, Atheisten und Nonkonformisten, die keine Lust haben, ihr Leben als Märtyrer zu beenden.

Und warum die Nazis heute Palitücher tragen? Weil sie - na klar - Antisemiten sind, und weil sie viel Bewunderung aufbringen für ein Volk, deren Mitglieder bis zur physischen Vernichtung kämpfen für ihren Boden, der heilig genannt wird. Da sind die Nazis ein bisschen neidisch, dass sie das nicht haben, diesen mörderischen und mordenden Alltag.

Das Palituch ist die Geschichte einer linksradikalen Verirrung oder eines Irrtums. Es ist Zeit, diesen Irrtum zu erkennen und in Zukunft einen Schal von H&M, C&A oder von Vati genäht zu tragen.

Coole Kids tragen keine Pali-Tücher.

Zitate aus: Danny Rubinstein: Yassir Arafat, Heidelberg 1996 und Klaus Gensicke: Der Mufti von Jerusalem, Amin el-Husseini und die Nationalsozialisten, Frankfurt am Main 1988.

Zum Weiterlesen: Michael Krupp: Die Geschichte des Staates Israel, Von der Gründung bis heute, Gütersloh 2004 (EUR 14,95)
ISBN-13: 978-3579064017



Flugblatt von den JungdemokratInnen/Junge Linke



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